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Spezial Endspurt 2022 – Wie positionieren sich die Profis?

In einer Börsenpublikation wie dem Swiss Monday sollte es primär über konkrete Aktien-Ideen gehen. Da bin ich voll dabei, allerdings brauchen wir in der jetzigen Phase mehr denn je das „Big Picture“. Also nur mit dem Blick auf das große Bild können wir uns auf die kommenden Ereignisse an den Gesamt-Börsen einstellen. Und diese Einstellung kann uns allen in den nächsten Monaten entweder herbe Verluste oder riesige Gewinne bringen.

Ich beginne gleich mit einem Rundumschlag wie in meinem Jahresausblick 2022, als ich tatsächlich „unglücklicherweise“ die unangenehmen Themen der Kriegs-Verschwörungen angesprochen und sind leider auch noch weitestgehend eingetroffen. Die Aktienmärkte haben sich bislang erstaunlich gut gehalten. Der Grund war die typische Hoffnung auf ein Ende der Inflation und weiterer Ausweitung der Geldmenge. Beide Hoffnungen werden aber jetzt zerschlagen. Es ist als Finanzmarkt-Journalist nicht immer einfach, seine Meinung durchzusetzen, um noch gemütlich schlafen zu können. Aber ich halte an meine Meinung fest: Die Inflation wird nämlich sogar NOCH mehr zunehmen. Das Peak ist nicht erreicht.

Hier ein Rundumschlag, was uns bis zum Jahresende erwarten könnte:

  • massive Kostenexplosion bei Energie
  • Pleite-Welle beginnt
  • Potenzieller Stromausfall in komplett Europa
  • Wirtschaftseinbruch
  • Anpassung der Bewertung an den Aktienmärkten
  • mögliche Ausweitung der Proteste
  • Einbruch bei Preisen im Immobilien-Sektor
  • Taiwan und China Konflikt
  • Wahlen in China
  • Mid-Term Election in den USA
  • Scholz und der Warburg / Cum-Ex Skandal
  • Inflation beschleunigt sich durch Allzeithoch beim Gaspreis
  • etc.

Die Liste könnte ich jetzt noch weiter ausbauen, aber ich denke, das Wesentliche habe ich einmal aufgezeigt. Im Gegenzug steht die Hoffnung auf ein Ende des Ukraine-Russland Kriegs, Hoffnung auf eine schnelle Sicherung von Gas und Energie für Europa. Eventuell werden die Zinsen nicht stärker steigen als angekündigt und die Inflation stoppt überraschend.

Wachstums-Erwartungen werden weiter gesenkt

Es gibt einen begründeten Spruch bei den Bullen an den Börsen: „Aktien sind alternativlos“. Ich stimme hier im Zeitalter der niedrigen Zinsen, hohen Inflation (England und Spanien sind bereits 2-stellig) und drohender Weltwirtschaftskrise teilweise durchaus zu. Doch ist die Börse dann nicht auch ein inflationärer Vermögenswert? An dieser Stelle müssten die Börsen deutlich im 2-stelligen Bereich steigen, um die tatsächliche Inflation auszugleichen.
 
An dieser Stelle dreht meine Hoffnung auf langfristig steigende Aktienkurse. Denn breit gefächert werden die Unternehmensgewinne rückläufig sein. (Ich spreche hier über die westlichen Märkte) Somit steigt die Bewertung, die im „Schiller-KGV“ ohnehin bereits historisch hohe Bewertungen erreicht hat. Auf der anderen Seite nimmt durch die Inflation die Flucht aus dem Geld zu. Hier sind natürlich Aktien eine attraktive Lösung. Doch der Druck aus dem Immobilien-Sektor nimmt ebenfalls zu. Deshalb droht auf der anderen Seite auch die Auflösung bei Aktien-Positionen, um die Immobilien-Kredite entsprechend bedienen zu können. Also, wir sprechen hier von einem sehr komplexen Thema.
 
Häufig spricht man im Europäischen Wirtschaftsraum natürlich über die hiesigen Ereignisse bzw. Entwicklungen. Doch auch der Weltwirtschaftsmotor China kommt ins Stottern. Eine Absenkung auf ein 0%-Wachstum haben bereits erste Analystenbanker in den Raum gestellt. Das heißt also, dass diese Hoffnung aus Asien immer mehr schwindet. Und dazu muss man betonen, dass etwa 80 % der chinesischen Vermögenswerte in Immobilien gelagert sind. Die zunehmenden Skandale der großen Bauherren wie Evergande bringen das über Immobilien aufgebaute Wertesystem in Gefahr.
 
Der IWF hat während dessen vor allem für Deutschland eine herbe Prognose abgegeben. Der Mittelstand verliert oder verlässt bereits den Wirtschaftsstandort Deutschland. Es ist einfach global betrachtet nicht möglich, eine konkurrenzfähige Produktion zu gewährleisten. Gaspreise, die sich binnen weniger Monate um bis zum 8-fachen erhöht haben, bringen selbst die effizientesten Unternehmen in Schieflage. Nach meiner Ansicht sind die gesenkten Prognosen immer noch zu optimistisch. Denn die Erzeugerpreise sind mit Rekordhochs von 37 % gegenüber dem Vorjahr noch nicht in den Endproduktpreisen eingerechnet. Diese Verrechnung steht uns erst noch bevor. Auch die Strompreise werden im Herbst und Winter erst an die Verbraucher inklusive Unternehmen umgelegt. Da kommt eine „Bombe“ auf die Wirtschaft zu, die offensichtlich die Kollegen an den Börsen noch nicht ganz begriffen haben.
 
Hier haben wir wiederum 2 Möglichkeiten: entweder gehen die Verbraucherpreise weiter nach oben (EXTREM-Inflation) oder die Unternehmensgewinne brechen ein. Eine Alternative gibt es nicht! Und ich habe das Gefühl, dass diese einfachste Logik noch nicht bei Anlegern, Analysten und Politikern angekommen ist. Ich betone an dieser Stelle nochmals, dass ich mich überhaupt nicht als Pessimist sehe. Ich spreche lediglich meine Sicht auf die Dinge aus. Dafür braucht man übrigens heutzutage ein dickes Fell, weil diese Tatsachen niemand hören will. CRASH-Prophet, Wachstums-Leugner oder wie auch immer. Ich bin den „Correctness-Quark“ echt satt. Und man springt doch auch auf der Straße zur Seite, wenn ein Auto anrauscht und man bleibt nicht einfach sitzen. Nun, in Deutschland machen es in der Tat einige Aktivisten, die womöglich auch die Situation der Anleger für den DAX übernommen haben.
 
Und noch ein Beitrag dazu, wenn man mich jetzt tatsächlich als Wachstums-Leugner anprangern möchte: 0,1 % ist die deutsche Wirtschaft im letzten Quartal gewachsen. Dies gegenüber gestellt liegt eine Inflation von rund 7,5 % (gefühlt wahrscheinlich deutlich mehr). Dazu folgen die Milliarden Euro, die für allerhand Unsinn verprasst werden, und dabei immer mehr von den Steuerzahlern abgegriffen wird.

Entwicklung am Immobilien-Markt und Auswirkungen auf die Finanzbranche
 
Die ersten Anzeichen einer großen Abkühlung am Immobilien-Markt zeigte jüngst die Statistik von Immo-Scout. Als größtes Immobilien-Online-Portal wurden Preisrückgänge in den Großstädten von bis zu 15 % gemeldet. Geht man nun von einer steigenden Zinskurve mit höherer Arbeitslosenquote aus (was ich beides für wahrscheinlich halte) und der Energie-Inflationsturbo, dann kommt es voraussichtlich zu einer Beschleunigung fallender Immobilien-Preise. Die Banken können einige Bilanztricks noch länger hinausschieben. Doch früher oder später werden zwangsläufig „Faule Kredite“ (Kreditausfälle) entstehen.
 
In meiner Überzeugung befinden wir uns im Endstadium des veralteten Währungssystems, weil das Zinses-Zins-System a) noch nie aufgegangen ist und wir uns b) im Zykluswechsel befinden, den vor allem der US-Dollar und Euro spürt und dies wie immer die tatsächlichen Gründe für Krieg und Un-Frieden ist. Mit Vollgas wird seit Jahren an der Einführung einer neuen Weltordnung gearbeitet, die sich dann mit der Digitalisierung auch im Währungsmarkt zusammenschließt. Es scheint auf den ersten Blick, als würde diese Verschwörungstheorie tatsächlich aufgehen. Aber das Energie-Thema wird hier einen Strich durch die Rechnung machen.

Jetzt aber mal Positiv!
 
Obwohl die Energie-Konzerne schon gut angesprungen sind, sehe ich hier noch weiter Luft nach oben. Daneben bleibe ich unverändert bei meinen alten Positionen, die ich schon vor der Krise aufgebaut habe. In der Tat habe ich einige Trends verschwitzt und war bei einigen Minen-Aktien zu früh drin. Mein altes Motto war und bleibt: Wer genug Cash-Quote aufgebaut hat, kann jetzt bei den defensiven Werten nachlegen. Jüngst habe ich bei Kinross Gold nochmals zum Nachkaufen getrommelt, weil es einen „Doppelten Boden“ gebildet hat.
 
Übrigens sind natürlich auch Produktionskosten bei den Minen-Betreibern gestiegen. Dabei klebt der Gold- und Silberpreis immer noch in einer Seitwärts-Range, welche auf die Zinserhöhungen vor allem in den USA zurückzuführen ist. Doch der große Ausbruch kommt. Bei Gold sind es immer sehr überraschend und schnelle Ausbrüche. Deshalb sitze ich lieber schon jetzt im Zug und muss danach nicht hinterherrennen.
 
In der nächsten Woche geht es nach der Sommerpause wieder im gewohnten Rhythmus weiter.
 
Alles Beste wünsche ich Ihnen aus Asien,
 
Ihr
Rainer Hahn